Die PTB: Glaubwürdigkeit geht anders

Die die auf dem deutschen Markt eingesetzten Messgeräte für Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr und Rotlichtüberwachung sind sämtlich von der PTB (Physikalisch Technische Bundesanstalt) zugelassen bzw. auf ihre Konformität geprüft. Damit beeinflusst das Verhalten der PTB bei der Zulassung maßgeblich auch die Abläufe in allen OWi-Verfahren im Zusammenhang mit solchen Messungen.

Gerade von den Bußgeldrichterinnen/Bußgeldrichtern wird die PTB regelmäßig als “letzte Instanz“ im Hinblick auf technische Fragestellungen angesehen.

Wie auf der Website der VUT Sachverständigen-GmbH dargestellt, konnte nachgewiesen werden, dass die von der PTB zugelassene, aktuelle Auswertesoftware für das Messgerät eso ES 8.0 “über einen Algorithmus verfügt, der nach Abschluss der Messung (also nachdem der geeichte Messwert existiert) Rohmessdaten auf das Vorhandensein von LED-Einflüssen überprüft und entsprechende Verwertungen (unter Umständen) unterdrückt.“

Die Zulassung einer solchen Software verwundert insofern, als das sich aus den auf der PTB-Website verlinkten, allgemein zugänglichen Stellungnahmen ergibt, dass die PTB sowohl die Möglichkeit des Zustandekommens von LED-Fehlmessungen bei dem Messsystem bestreitet als auch behauptet, Rohmessdaten könnten nicht sinnvoll zur Überprüfung einer Messung herangezogen werden.

Die PTB hat dementsprechend aktuell eine Software zugelassen, die mithilfe der nach der Auffassung der PTB dazu ungeeigneten Rohmessdaten einen Effekt beseitigt, dessen Existenz die PTB pauschal bestreitet.

Angesichts eines solch widersprüchlichen Verhaltens ist es kritisch zu sehen, dass insbesondere die OWi-Richterinnen und Richter die Stellungnahmen der PTB von vornherein als wahr und technisch korrekt ansehen. Das zweifelhafte Vorgehen der PTB belegt überdeutlich die Notwendigkeit, die Ausführungen der PTB genauso kritisch zu hinterfragen wie diejenigen der seriösen Sachverständigen.

Bisher ist aber nur der Verfassungsgerichtshof des Saarlands so vorgegangen. In dem Verfahren Lv 7/17 („Rohmessdaten-Urteil“) hat das Gericht nicht ungeprüft die Sichtweise der PTB übernommen. Es wurden vielmehr ein  Verkehrsmesstechnik-Sachverständiger, ein Uni-Professor für Messtechnik und ein Mitarbeiter der PTB angehört und die Beurteilung des Sachverhalts anschließend auf Basis der Ergebnisse der unterschiedlichen Bewertungen der drei Sachverständigen vorgenommen.

Es ist nachgewiesen, dass auch als standardisiert angesehene Messverfahren unter bestimmten Voraussetzungen fehlerhafte Messergebnisse liefern können. Und zwar in einem solchen Umfang, dass das Messgerät LEIVTEC XV3 (mit dem der juristischen Definition nach über mehr als 10 Jahre Messungen im Rahmen des standardisierten Messverfahrens möglich waren!)  infolge massiver Messfehler vom Markt genommen wurde und heute aufgrund der Messfehler auch nicht mehr eichfähig ist. Die PTB hat die durch Sachverständige aufgedeckten, zu den Fehlmessungen führenden Randbedingungen bei ihrer Zulassung schlicht nicht berücksichtigt.

Kein Mensch und keine Institution ist dazu in der Lage, alle Eventualitäten im Vorhinein zu bedenken. Dieser Sachverhalt und die zuvor beschriebenen aktuell bekannt gewordenen und wesentliche technische Aspekte betreffenden Ungereimtheiten bei der Zulassung der Auswertesoftware durch die PTB zeigen unzweifelhaft, dass es aus technischer Sicht offensichtlich unangebracht ist, sich bei der Bewertung einer Messung allein auf das standardisierte Messverfahren zu berufen, so wie dies in den OWi-Verfahren in der Regel geschieht.

Die Erfahrungen mit den Messfehlern bei den  eso-Einseitensensoren und LEIVTEC XV3 belegen eindrucksvoll, dass durch die Prüfung eines Messgeräts durch die PTB die wesentliche Voraussetzung für die Zulassung, nämlich die Einhaltung der Verkehrsfehlergrenzen, nicht unter allen Umständen sichergestellt werden kann. In Kenntnis dieses Sachverhalts erscheint es technisch und auch rechtlich unangemessen,  die Integration aller die Transparenz einer Messung gewährleistenden Faktoren in die Messdatensätze  zu verbieten.

Es ist vielmehr zwingend erforderlich, Messungen so zu gestalten, dass sie transparent und nachvollziehbar sind, anstatt eine effektive Prüfbarkeit durch vorrangig auf vollkommene Intransparenz ausgelegte Zulassungsbedingungen konsequent zu unterbinden.

Es wäre insofern sinnvoll, wenn sich die PTB bei ihren Prüfungen zuzulassender Messgeräte auf Ihre eigentliche Aufgabe beschränken würde, nämlich die Prüfung der einzuhaltenden Bedingungen. Stattdessen erlässt die PTB über den von ihr geprägten Regelermittlungsausschuss  Anforderungen, die eine Speicherung von bestimmten, die Transparenz gewährleistenden Messdaten verbieten. Diese Vorgehensweise ist insofern problematisch, als dass die Untersagung der eine Transparenz gewährleistenden Daten in die Messdatensätze nicht nachvollziehbar begründet wird und vor allem das MessEG die von der PTB untersagte Speicherung solcher Daten ausdrücklich zulässt.


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